FLEETING MEDIA – Post-fotografisches Publizieren
FLEETING MEDIA – Post-fotografisches Publizieren
Wie verändert sich unser Verhältnis zum greifbaren Objekt, wenn wir Fotos nicht mehr in Bilderrahmen oder Fotoalben begegnen, sondern sie uns als Dateien auf Bildschirmen gezeigt werden? Wie können flüchtige Bilddaten und damit verbundene bildschirmbasierte Kommunikationspraktiken materialisiert werden? Sind digitale Bildinhalte überhaupt noch auf eine physische Form wie das Fotobuch angewiesen, und wenn ja, warum?
Die Ausstellung Fleeting Media. Post-fotografisches Publizieren präsentiert künstlerische Publikationen, die nicht nur die Bildpraktiken und -ästhetiken einer zunehmend vernetzten Gesellschaft reflektieren, sondern auch ihre kulturellen, politischen und ökonomischen Implikationen. Gleichermassen experimentieren die gezeigten Werke spielerisch mit dem gewandelten visuellen Vokabular, den vielfältigen Formaten und Distributionskanälen im post-digitalen Zeitalter – sei es über klassischere Printmedien wie Buchformate, Postkarten, Zines und ausdruckbare PDFs oder über erweiternde Apps und unterstützende Algorithmen.
So zeichnet sich in der Ausstellung auch ein tiefgreifender Wandel im Kunstbuchhandel ab: Aufgrund der zunehmend digitalisierten Infrastruktur und der daraus resultierenden Demokratisierung, werden Künstler:innen immer unabhängiger von Verlagen, Druckereien und Buchhandlungen. Infrastrukturelle und kanonische Hürden lassen sich heute mithilfe von Print-On-Demand-Plattformen, auf denen Fotobücher und Zines auf Anfrage zu günstigen Preisen gedruckt und verschickt werden, oder über die Anfertigung limitierter Auflagen und den Vertrieb über eigene Websites, Social-Media-Kanäle oder Self-Publishing-Verlage umgehen. Das klassische Verständnis des Fotobuchs, also eines physischen, von einem renommierten Verlag editierten und vertretenen Objekts, wird mit der Digitalisierung und Vernetzung immer weiter aufgebrochen.
Diese wackelnde Position bietet einen nie dagewesenen Spielraum für unkonventionelle, künstlerische Ideen, wenngleich Objekte oftmals noch immer den einfacheren Zugang zu musealen Sammlungen bedeuten. Zudem ermöglicht die Überführung in das Ordnungssystem des Buches ein Festhalten des vernetzten Bildes, seiner ständig wandelnden Erscheinungsformen und versteckter Mechanismen.
Über das experimentelle Ausstellungs- und Forschungsformat SITUATIONS (2015–2021) des Fotomuseum Winterthur gingen zahlreiche post-digitale Formate in die Fotobuchsammlung der Fotobibliothek Schweiz sowie die Ephemera-Sammlung des Museums über, die in der gezeigten Ausstellung durch Neuankäufe von Werken zwischen 2017–2020 ergänzt wurden. Begleitend zu dieser Ausstellung wurde zudem eine Online-Plattform erarbeitet, die weitere Informationen zu den Werken sowie Recherche-Material zur Verfügung stellt und eine Möglichkeit zum Austausch bietet.