«Ein Museum ohne Wände» – Allan Porter und die Fotozeitschrift CAMERA 1966–1981
«Ein Museum ohne Wände» – Allan Porter und die Fotozeitschrift CAMERA 1966–1981
Die Schweizer Fotozeitschrift CAMERA wurde 1922 in Luzern gegründet, zu einer Zeit, als sich die Fotografie gerade als künstlerische Ausdrucksform zu etablieren begann. Unter ihrem ersten Chefredaktor Adolf Herz wurde CAMERA schnell zu einer wichtigen Plattform für die Auseinandersetzung mit dem Medium und prägte dessen Entwicklung entscheidend mit. Die Zeitschrift setzte ihren Schwerpunkt während der ersten 25 Jahre ihres Bestehens auf eine künstlerische Fotografie im Sinne des Piktorialismus. Während Zeitschriften wie die Zürcher Illustrierte und DU bereits das Neue Sehen und die Neue Sachlichkeit sowie die frühe Reportagefotografie präsentierten, blieb die Ausrichtung von CAMERA lange unverändert. Unter der Leitung von Herz’ Nachfolger Walter Läubli öffnete sich die Zeitschrift ab 1948 den aktuellen Diskursen in der Fotografie und beschränkte sich nicht mehr länger auf die Präsentation von künstlerisch intendierter Fotografie. Die von Läubli eingeschlagene Richtung wurde auch nach seinem Rücktritt aus der Redaktion 1952 beibehalten. Eine Weile wurde CAMERA von verschiedenen Personen betreut. 1956 übernahm Romeo Martinez die Chefredaktion. Er war breit vernetzt und setzte sich dafür ein, CAMERA eine internationalere Ausrichtung zu geben, indem er drei Sprachversionen drucken liess.
Allan Porter (1934–2022) war der letzte Chefredakteur von CAMERA. Von 1966 bis 1981 führte er die Zeitschrift und verhalf ihr zu einem letzten Höhenflug. Porter war vielfältig interessiert. Schon in seiner Jugend von Kunst und Literatur fasziniert, studierte er an der Philadelphia Museum School of Art Grafik und Malerei. In Berührung mit Fotografie kam er 1953 durch seine Arbeit in einem Fotolabor. Nach Abschluss seiner Studien 1957 war er zunächst als Art Editor bei der Reisezeitschrift Holiday tätig, half bei der Konzeption von Ausstellungen in den USA und Europa mit, war als Künstler aktiv und schrieb für verschiedene Magazine. Ende 1964 wanderte er nach Europa aus und fand eine Stelle bei der Werbeagentur von Jean Reiwald in Basel. Dort wurde Alice Bucher, die nach dem Tod ihres Mannes Josef Charles Bucher CAMERA verlegte, auf ihn aufmerksam und bat ihn, die Zeitschrift neu auszurichten. Porter begann bereits 1965 an CAMERA zu arbeiten und wurde 1966 zum Chefredakteur. Er hatte eine klare Vision für die Zeitschrift, wollte mit ihr ein «Museum ohne Wände» aufbauen, ein Begriff, der an das Musée imaginaire von André Malraux angelehnt ist. Während es in den 1960er-Jahren noch wenige Galerien und Museen gab, die sich auf Fotografie spezialisiert hatten, etablierte Porter in CAMERA einen Kanon zeitgenössischer Fotografie und bot darin Raum für die Untersuchung historischer, technischer und philosophischer Aspekte. Sein Wissen und seine Ideen brachte er auch in die Fotostiftung Schweiz ein, die er als Mitglied des Stiftungsrats seit den 1970er-Jahren begleitete.
Dank seiner internationalen Vernetzung war Porter darüber hinaus immer gut über die neuesten Entwicklungen im fotografischen Feld informiert. CAMERA wurde unverzichtbar für Berufs- und Amateurfotograf:innen, die auf dem Laufenden bleiben wollten. Im Dezember 1981 erschien die letzte Ausgabe von CAMERA.
Um Allan Porters wichtigen Beitrag zur Emanzipation der Fotografie zu würdigen, präsentiert die Fotobibliothek in der Passage einige der von ihm konzipierten Ausgaben von CAMERA. Darunter befinden sich nicht nur gedruckte Hefte, sondern auch Entwürfe, sogenannte Maquetten. Diese machen die kreativen Prozesse sichtbar, die hinter jeder Ausgabe von CAMERA standen.