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Fotostiftung Schweiz
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8400 Winterthur
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Marcel Bolomey – Kriegsreportagen für die Schweizer Illustrierte Zeitung 1939–1945

11.06.2022–16.10.2022
kuratiert von der Fotobibliothek
Fotobibliothek
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Marcel Bolomey – Kriegsreportagen für die Schweizer Illustrierte Zeitung 1939–1945

11.06.2022–16.10.2022
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Als der Westschweizer Fotograf Marcel Bolomey im Herbst 1944 nach Frankreich reiste, um für die Schweizer Illustrierte Zeitung aus dem kriegsversehrten Land zu berichten, war er mit einer Mittelformatkamera ausgerüstet, mit der er zwölf Aufnahmen machen konnte, bevor er einen neuen Rollfilm einlegen musste. Anschliessend wurden die Filme mit der Eisenbahn in die Schweiz geschickt, wo sie entwickelt und Abzüge als Druckvorlage erstellt wurden. Von der Entstehung der Bilder bis zu deren Veröffentlichung vergingen mehrere Tage.

Heute haben wir uns an eine Berichterstattung in Echtzeit gewöhnt. Während des Zweiten Weltkriegs hingegen war die Situation der Informationsübermittlung eine völlig andere: Radio und Tageszeitungen verbreiteten die neusten Nachrichten, welche zuvor von Depeschenagenturen per Fernschreiber aus der ganzen Welt in die Redaktionen gesendet wurden. In bis dahin nicht gekannter Bildqualität vermittelten die Fotoreportagen der Wochenzeitungen einen visuellen Eindruck des Krieges. Die technischen Grundlagen dafür waren auf der einen Seite lichtempfindlicheres Filmmaterial, mit dem auch mit kurzen Belichtungszeiten fotografiert werden konnte, und auf der anderen Seite kleine handliche Kameras, die einfacher mitgetragen und bedient werden konnten. Mit dem Rotationstiefdruck stand ein Reproduktionsverfahren zur Verfügung, das eine feinere Wiedergabe fotografischer Bilder ermöglichte als die grob gerasterten Autotypien im Rotationshochdruck, wie sie für Tageszeitungen verwendet wurden. Der Zweite Weltkrieg war der erste Krieg, der in Wochenzeitschriften durch Fotoreportagen umfassend und für damalige Verhältnisse zeitnah bebildert wurde.

Marcel Bolomey (1905–2003) besuchte ursprünglich die Dolmetscherschule in Genf, bevor er sich in den 1930er Jahren als Autodidakt der Fotografie zuwandte. Er fotografierte verschiedene Kongresse des Völkerbunds sowie den Jüdischen Weltkongress 1936 und den 21. Zionistenkongress 1939 in Genf. Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete er als Kriegsberichterstatter und freier Fotograf für verschiedene Zeitschriften und Zeitungen. Nach dem Krieg wurde er der erste offizielle Fotograf der Vereinten Nationen. Um 1947 wanderte er in die USA aus, änderte seinen Namen in Bolomet und arbeitete für die Filmbranche und als Dozent für Französisch und Weltgeschichte. Nach seiner Pensionierung machte er als freiwilliger Mitarbeiter Führungen am Getty Museum in Malibu. Dort lernte er Robert Brecko Walker, den damaligen Supervisor des Photography Departments des Getty Research Institutes, kennen und vertraute ihm schliesslich sein Archiv an – rund 18 000 Schwarzweissnegative aus den Jahren 1934 bis etwa 1950. Zusammen erstellten sie daraus eine Vorauswahl von etwa 660 Bildern, welche sie als besonders wichtig für das Werk von Bolomey einstuften. Die Fotostiftung Schweiz konnte 2018 das gesamte Archiv mit Mitteln der Gottfried Keller-Stiftung übernehmen. Es befindet sich gegenwärtig in Aufarbeitung.

Die Fotobibliothek ist im Moment dabei, ihre Bestände der Schweizer Illustrierten Zeitung aufzuarbeiten und zu vervollständigen. Die Zeitschrift wurde 1911 von der Ringier AG ins Leben gerufen und war neben der Zürcher Illustrierten eine der wichtigsten auf Fotoreportagen ausgerichteten Schweizer Zeitschriften in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Im Verlauf der 1970er Jahre begann der Wandel in ein People-Magazin, wie es auch heute noch existiert.

In der Passage zur Fotobibliothek zeigen wir eine Auswahl von Bolomeys Reportagen aus den Jahren 1939 bis 1945, wobei der Fokus auf den Jahren 1944 und 1945 liegt. In der Zeit berichtete er als Reporter aus den umkämpften Regionen in Frankreich, später Italien und schliesslich Deutschland, wobei er für manche Reportagen auch den Text selbst verfasste. Ergänzt werden die Doppelseiten aus der Schweizer Illustrierten Zeitung in den Vitrinen mit einer Auswahl von Einzelbildern aus derselben Zeit. Hierfür wurden Bolomeys Originalnegative digitalisiert und als Inkjetdrucke reproduziert.